Interview mit Sally Lott - Klimaschutzmanagement der Stadt Northeim

Am 13.03.2023 hat Sally Lott das Klimaschutzmanagement bei der Stadt Northeim übernommen.

In einem Interview vom 06.07.2023 mit Saskia Baumgärtner, der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Northeim und zum Zeitpunkt des Interviews auch in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tätig, hat Sally Lott von ihren persönlichen Beweggründen für den Klimaschutz, ihrem Berufsalltag und Aufgaben sowie vielen weiteren spannenden Aspekten ihrer Tätigkeit erzählt.

Foto Stadt Northeim: Sally Lott

Was hat Sie dazu bewogen, Klimaschutzmanagerin zu werden und welche Stationen gab es bisher in Ihrem beruflichen Werdegang? Welche Eigenschaften muss man Ihrer Meinung nach für diese Position mitbringen?

Sowohl gesellschaftlich als auch politisch werden gerade massiv die Weichen für die Transformation hin zu einer nachhaltigen Lebensweise gestellt. Diese mitzugestalten und lokal umzusetzen erscheint mir das Wichtigste, was es in der jetzigen Zeit zu tun gibt. Meine Motivation, an drängenden Themen mitzuwirken, ist auch der rote Faden, der sich durch meine bisherige Laufbahn zieht. Zuletzt habe ich in einem Projekt zur Agrarbiodiversität praktisch erprobt, wie man im Grünland die Artenvielfalt erhalten und es gleichzeitig so bewirtschaften kann, dass es für die Landwirte wirtschaftlich und praktikabel ist. Naturschutz und Landwirtschaft im engen Dialog: Mit interessiertem Austausch und guter Kommunikation ist das möglich! Ich bin also darin geübt, in kontroversen Themenfeldern zu navigieren und die „Wissenschaft in Gummistiefeln“ gab mir eine ordentliche Portion Kontextbetrachtung und Praxisbezug mit. Diese Eigenschaften halte ich für den Beruf des Klimaschutzmanagements auch für besonders wichtig: Eine empathische Kommunikation, Überzeugungs- und Konfliktfähigkeit sowie den Überblick, viele komplexe Themen gleichzeitig zu koordinieren.

 

Wie kam es dazu, dass Sie Klimaschutzmanagerin für die Stadt Northeim wurden und was hat Sie besonders an dieser Aufgabe gereizt?

Ich möchte lokal etwas für den Klimaschutz umsetzen und direkt vor Ort aktiv mitwirken. Gereizt hat mich u.a. die Erkenntnis, dass wir nicht nur unseren „Fußabdruck“, welcher beschreibt, wie sehr unser Handeln den individuellen Treibhausgas-Ausstoß und den Ressourcenverbrauch verstärkt, reduzieren können, sondern dass es mit dem „Handabdruck“ auch einen konstruktiven Einfluss gibt, der beinhaltet, in welchem Maß das persönliche Engagement sich positiv auf Nachhaltigkeit und Klima auswirkt, indem Dinge „in die Hand genommen“ und angestoßen werden. Das erhoffe ich mir von meiner Arbeit bei der Stadt Northeim, die in dem Bereich sehr engagiert ist und bereits 2012 die Erstellung eines integrierten Klimaschutzkonzepts beschlossen hat, welches bis 2015 erarbeitet wurde.

 

Welches sind Ihre Kernaufgaben bzw. wie sieht Ihr Berufsalltag aus?

Zu meinen Kernaufgaben zählt es, Maßnahmen aus dem bestehenden Klimaschutzkonzept umzusetzen und weiterzuentwickeln. Diese betreffen sämtliche Sektoren, wie Verkehr, Energie und den Bausektor, wodurch die Themen in Umfang und Inhalt sehr vielseitig sind: Von der Kampagnenbegleitung wie dem STADTRADELN über Bauliches wie die Errichtung einer Sammelschließanlage für Fahrräder am Northeimer Bahnhof bis hin zur Mitwirkung bei der Umsetzung von PV-Anlagen auf den kommunalen Liegenschaften.

Daneben besteht mein Berufsalltag aus viel Vernetzungsarbeit sowie der Bearbeitung von Anfragen von Politik, lokalen Akteur:innen und Bürgerinnen und Bürgern. Zukünftig steht vor allem die Erstellung eines Vorreiterkonzepts mit ambitionierten Klimazielen als weitere Hauptaufgabe an.

 

Was sind die ersten Themen und Projekte, an denen Sie konkret arbeiten (möchten)? Und welche Ziele wollen Sie langfristig angehen?

Mit meiner Arbeit möchte ich die Stadt Northeim beim Erreichen einer Vorbildfunktion unterstützen. Durch den E-Fuhrpark, eine nachhaltige Beschaffung und die geplante THG-Neutralität der Stadtverwaltung bis 2035, die im Rahmen des Vorreiterkonzeptes verpflichtend ist, befinden wir uns auf einem guten Weg! Mit dem entsprechenden Umsetzungswillen kann Northeim eine Vorreiterrolle in Sachen Nachhaltigkeit einnehmen. Viele Bürgerinnen und Bürger sind sehr interessiert und engagiert und treten mit eigenen Ideen an die Stadt heran. Das begrüße ich sehr und freue mich, die Themen gemeinsam mit ihnen anzugehen!

 

Wer sind Ihre wichtigsten Kooperations- oder Bündnispartner:innen? Wie wollen Sie die Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und alle anderen Zielgruppen hier in Northeim einbinden?

Die wichtigsten Bündnisse und Kooperationen bestehen zum Städtenetzwerk des Klima-Bündnis und zur Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachen – diese bündelt Kompetenzen und bietet vielseitige Unterstützungsangebote für Kommunen, Unternehmen sowie für Bürger:innen. Ebenso wichtig ist eine gute Vernetzung mit den Klimaschutzmanager:innen umliegender Städte und Kreise, um voneinander zu lernen und von den Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen zu profitieren.

Durch Bürgerveranstaltungen kann das Thema Klimaschutz in den Fokus der Öffentlichkeit gestellt werden.  Beispiele sind z.B. die STADTRADELN-Kampagne, während der ungenügende Radwege direkt an die Stadt gemeldet werden können, der World Cleanup-Day in Kombination mit „Northeim putzt sich“ und Aktionstage wie der Tag der offenen Tür im Rathaus. Dort kann sich das Klimaschutzmanagement vorstellen und gleichzeitig mit Bürger:innen in Kontakt treten.

 

Wo sehen Sie noch Potenzial für Northeim beim Klimaschutz? Gibt es bestimmte Bereiche, in denen Sie sich Unterstützung wünschen würden?

Die nachhaltige Ausrichtung Northeims in allen Lebensbereichen umzusetzen ist im Alleingang natürlich nicht zu bewältigen. Ein großes Thema, um Treibhausgasneutralität zu erreichen, ist die Wärmewende, die Kommunen mit der kommunalen Wärmeplanung angehen müssen. Die Stadt Northeim wird eine Personalstelle fürs Energiemanagement einrichten, um auf die energetische Sanierung sowie den zunehmenden Einsatz regenerativer Energien einen Schwerpunkt zu setzen. Weiterhin besteht immenses Potential im Bereich Verkehr: Hier wird mir unser zukünftiges Mobilitätsmanagement auf dem den Weg zu mehr Radverkehr, ÖPNV-Nutzung sowie mit der Erstellung eines umfassenden Mobilitätskonzepts für Northeim unter die Arme greifen. Unterstützung in diesen zwei gewichtigen Sektoren zu bekommen unterstreicht den Stellenwert des Klimaschutzes in Northeim - dafür schätze ich mich wirklich glücklich!

 

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Klimaschutzes in der Stadt Northeim und welche Chancen und Hindernisse gibt es hierbei?

Langfristig ist vor allem die Stetigkeit der Bemühungen in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz entscheidend. Hierfür wünsche ich mir, dass der Nachhaltigkeitsgedanke als feste Größe die Alltagsentscheidungen der Northeimer Bürgerinnen und Bürger mitbestimmt. Und ebenso die der Stadtverwaltung! Von kommunaler Seite bedeutet das eine Verstetigung des Klimaschutzmanagements, damit es auch zukünftig einen konkreten Kümmerer und Ansprechpartner für die vielfältigen, wichtigen und immer umfassenderen Themen des Klimaschutzes in der Stadtverwaltung gibt. In vielen Bereichen wirkt der finanzielle Hintergrund für ein schnelles Vorankommen oft limitierend. Insgesamt brauchen die Belange des Klimaschutzes einen möglichst hohen Stellenwert – sichern sie doch unser aller Lebensgrundlage.

 

Was bedeutet Klimaschutz für Sie ganz persönlich?

Die Maxime des Klimaschutzes ist für mich eine sehr einfache: Sie bedeutet, so zu leben, dass wir unsere Lebensgrundlage nicht zerstören. Eigentlich eine absurde Idee, es anders zu machen! Diese Haltung habe ich als Selbstverständlichkeit in meinen Alltag integriert, sei es Mobilität, Ernährung oder Konsumverhalten. Neugierig weitere Stellschrauben auszukundschaften macht lebendig und bringt immer neue Erkenntnisse und Flexibilität. Diese einfache, ganzheitliche Betrachtung zu leben, ist mein persönlicher Zugang zu Nachhaltigkeit.