16 Japanische Zierkirsche

Prunus serrulata

Rosengewächse

China, Japan

Das Besondere an diesem Baum ist sein bezaubernder Anblick zur Blütezeit, wenn die ganze Baumkrone rosa-weiß schimmert. Sehr malerisch wirkt der Blütenteppich aus herabgefallenen Blütenblättern zum Ende der Blütezeit.

Elf Stunden Flugzeit, Jetlag, sieben Stunden Zeitverschiebung, hohe Kosten – den Ausflug nach Japan kann man sich sparen, denn was dort die Massen verzückt, findet auch vor unserer Haustür statt: Die Japanische Zierkirsche (Prunus serrulata) blüht! Für nur wenige Tage schweben wir zwar nicht auf, aber unter einer rosaroten Wolke. Wie dicke Bommeln hängen die trugdoldigen Blütenstände mit drei bis fünf Blüten an den noch kahlen Zweigen. Ihr feiner Duft und die auffallende Farbe locken Insekten an, die jedoch hungrig davonfliegen. Das magere Nahrungsangebot beruht auf dem Erfolg der Züchter, die mit Vorliebe die Pflanzen weitervermehrten, in deren Blüten zufällig Staubblätter in Kronblätter umgewandelt waren. Während die daraus resultierenden Sorten mit stark gefüllten Blüten, z. B die als Straßenbaum beliebten Sorte „Kanzan“, für uns ein bezaubernder Blickfang sind, gehen die Insekten leer aus, denn die Blüten haben weder Pollen noch Nektar zu bieten.

Neben den gefüllten Sorten gibt es halb- oder ungefüllte, die für Insekten Nahrung bereithalten und - im Gegensatz zu den rein der Zierde dienenden gefüllten Formen - Früchte bilden. In Wuchsform und -höhe zeigen sich sortenbedingte Unterschiede, die viele Verwendungsmöglichkeiten im öffentlichen und privaten Grün bieten. Allen gemeinsam ist die fein geringelte gräuliche Baumrinde. Hohe Ansprüche an die Bodenverhältnisse stellen die Pflanzen nicht, wichtig sind ein möglichst sonniger Standort und möglichst keine Störungen. Falls ein Rückschnitt unumgänglich erscheint, sollte dieser nach der Blüte erfolgen.

Hanami, jap. Blüten schauen, ist ein Fest zu Ehren der kurzen Zeit der Kirschblüte. Ein Picknick unter den blühenden Kirschbäumen gehört in Japan zum Pflichtprogramm. Firmen, Vereine, Familien, Freunde folgen damit einer Tradition, die aus dem 8. Jahrhundert stammt. Ausgerüstet mit Kamera, einer blauen Plastikplane, Sake (Reiswein) und Bento (Lunchbox mit Reis und unterschiedlichen Beilagen) feiern sie essend, trinkend, tanzend und singend den langersehnten Beginn des Frühlings.

In der japanischen Kultur stellt die zarte Kirschblüte (Sakura) ein wichtiges Symbol dar. Da die Blüten nach einer langen Entwicklungszeit nur wenige Tage blühen, um auf dem Höhepunkt ihrer Schönheit zu Boden zu fallen, stehen sie für die Vergänglichkeit und einen jungen, aber würdigen Tod. Nicht umsonst wurden sie schon von den Samurai verehrt

Während der Sommermonate fallen die Zierkirschenpflanzen nicht besonders auf. Sie tragen eiförmig-elliptische Blätter mit zugespitztem Ende und gesägtem Rand. Erst im Herbst ziehen sie erneut alle Blicke auf sich, denn die Blätter leuchten in spektakulären Rot- und Gelbtönen, bevor sie abfallen und ein buntes Gemälde auf den Boden malen.

In der Verehrung der Zierkirsche sind uns die Japaner über 1.300 Jahre voraus. Doch auch ohne Hanami teilen wir deren Freude an den rosaroten Wolken, in welche die Zierkirschblüten für kurze Zeit unsere Straßenränder, Gärten und Parkanlagen einhüllen.

Um es (abgewandelt) mit Goethe zu sagen: „Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!“

Tipp: Versäumen Sie es nicht, im Frühling unter einer „Rose Wolke“ entlang zu schreiten. So heißt passenderweise die Sorte einer weiteren Japanischen Zierkirsche auf dem Bleichewall. Sie steht an dem Weg zur Brunnenanlage mit der Regentrude.

Text und Fotos: Ingrid Müller